Sonder-#Testkoller: Morgens im Gesundheitsamt

Liebe Leser,

mir ist ja klar, dass man Testzentren nicht einfach so, wenn eine Pandemie kommt, aufbauen kann. Aber dass man nach einem Jahr Pandemie immer noch Methoden von 1990 einsetzt geht gar nicht. Insbesondere, wenn unser Ministerpräsident sagt, dass man auf digitale Kontaktnachverfolgung setzt, wird mir schlecht. Hat er mal in die Testzentren der Kommunen geschaut? Wahrscheinlich nicht.

Ich bin so sauer, weil ihr durch eure Ineffizienz und euer unorganisiertes Verhalten nach mehr als einem Jahr Pandemie eineinhalb Stunden geklaut habt – für ein lapidaren PCR-Test (der 1min dauert). Und das Schlimme ist: Tausenden Menschen, die mir hinterherkommen, wenn die Fallzahlen weiter steigen, geht es dann so wie mir. Wie kann man nur so viel Produktivität auf einmal vernichten? Tag für Tag.

Die ganze Geschichte hier im Blog.

Ich muss zum PCR-Test

Es begab sich Mitte April, als sich morgens die Corona-Warn-App des Bundes meldete und mir eine rote Warnung anzeigte. Grund dafür waren wohl mehrere Risikobegegnungen im Supermarkt am letzten Samstag gewesen. Das ist jetzt zwar ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern. Also kam ich meinen Pflichten als Bundesbürger nach und ging fortan nicht mehr ins Büro, nicht mehr einkaufen und treffe keine Menschen mehr bis ich Sicherheit habe. So steht es auch in der App.

Woher bekomme ich einen PCR-Test?

Natürlich will man in so einem Fall irgendwann Gewissheit haben. „In Großstädten gibt es ja Testzentren wie Sand am Meer“ denke ich mir und machte mich an die Recherche. Die Testzentren, die man so kennt, bieten ausschließlich Schnelltests an und lassen einen für einen PCR-Test dann doch richtig blechen. In zahlreichen Zeitungen liest man immer, man hätte mit einer roten Corona-Warn-App Anspruch auf einen PCR-Test. Schließlich fand ich dann doch eine Liste mit Teststellen, die in diesem Fall kostenlose PCR-Tests macht:

Insgesamt kommen vier Testzentren in Frage. Ein Anruf beim Gesundheitsamt ergab, dass ein Besuch im Infektionsschutzzentrum 3 der Stadt empfohlen wird. Auf der nicht gerade übersichtlichen Seite las ich nochmals die Information nach:

  • Man kann mit oder ohne Termin erscheinen. Gut. Ein Anruf ergab, dass nur Termine für Schnelltests angeboten werden und nicht für PCR-Tests.
  • Mit roter Corona-Warn-App kann ich mich testen lassen.
  • Eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Unten finde ich nur Anweisungsformulare für Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter testen lassen möchten:

Mein Fall scheint nicht abgedeckt zu sein. Gut.

Morgens im Testzentrum

Überpünktlich fand ich mich um kurz vor neun am Testzentrum ein. Auf einem extrem schmalen Gehweg standen circa 15 Personen in einer Menschentraube vor dem Testzentrum. Ich hielt Abstand bis ich von einem Sicherheitsbeamten dazu aufgefordert wurde, mich in die Schlange auf den Gehweg zu stellen. Wie Menschen Abstände interpretieren ist bekanntlich manchmal so eine Sache, aber darum soll es nicht gehen. Gefühlt ging es um 9.05 Uhr los und die erste Person wurde in den Innenhof gelassen. Insgesamt ging es – bis die zehn Personen vor mir abgearbeitet waren – nur sehr schleppend voran. Schließlich kam eine nette junge Dame aus dem Innenhof und machte die Anmeldung schonmal bevor man dran war. Menschen mit Terminen wurden zwischendurch vorgelassen und durften die Reihe überspringen, soweit so gut – aber warum hatten wir keinen Termin?

Schließlich stand dann die Mitarbeiterin des Gesundheitsamts mit mehreren Klemmbrettern vor mir und fragte ab:

  • Sind Sie das erste Mal bei uns?
  • Sind Sie schon geimpft?
  • Haben Sie Vorerkrankungen oder Symptome?
  • Hatten Sie eine Risikobegegnung?

Meine ganzen Antworten notierte sie kryptisch auf ihrem Klemmbrett, das sie mir kurz danach in die Hand drückte. Anschließend musste ich noch Adresse und Telefonnummer eintragen. Warum konnte ich das gleich doch nicht vorher machen?

Übrigens: Das Dokument ist eines der Zuweisungsformulare oben, in dem die Hälfte einfach durchgestrichen wird.

Innenhof

Im Innenhof wartete eine weitere Mitarbeiterin, die einen anwies die Maske auszutauschen (gegen eine vom Gesundheitsamt) und sich schnell die Hände zu desinfizieren. Danach gab es zwei Schlangen nebeneinander: Eine für Schnelltests und eine für PCR-Tests. Abwechselnd wurden die Menschen aus den Schlangen ins Gebäude gerufen, gingen aber dann doch durch denselben Flur. Und wer kontrolliert nun den Personalausweis und die Krankenkassenkarte?

Da fiel mir am Geländer ein kleiner einlaminierter Zettel auf mit einem QR-Code, auf dem stand: „Geben Sie hier Ihre Daten ein“. Verwundert fotografierte ich ihn ab – das hat aus der Schlange kein einziger gemacht! Die Zettel hingen ja auch auf Kniehöhe! Das sieht keiner!

Ich landete schließlich auf der Seite eines Labors, das die Tests abnimmt und gab bereitwillig meine Daten ein. Am Ende des Prozesses wurde ein QR-Code angezeigt, der viel später noch eine Rolle spielen sollte.

Im Gesundheitsamt

Nach 70min war ich dann endlich an der Reihe und durfte ins Gebäude. Ich kam in ein 30qm großes Büro mit zwei Schaltern, einem Kopierer und 5 Mitarbeitern, wovon drei in Notebooks vertieft waren. (wahrscheinlich am Abtippen der Informationen auf den Zetteln) In dem Raum selbst warteten noch Menschen vor mir, das Ärztezimmer schien direkt nebenan.

Der Herr hinter dem Schalter scannte den QR-Code meines Handys ein und drückte mir einen Zettel zur Identifizierung des Testergebnisses von Zuhause in die Hand. Hätte ich keinen QR-Code gehabt, hätte er die Daten selbst erfassen müssen. Er bekam dafür den kryptischen Zettel (oben) und gab mir schließlich das Röhrchen für den Abstrich. Trotzdem fragte er nochmal zurück, wann denn meine Risikobegegnung war (die stand doch auf dem Zettel).

Gleich habe ich es geschafft.

Nach dem Abstrich konnte man nach rechts und links gehen. Rechts sah ich relativ viele Menschen in einem weiteren Innenraum. Anscheinend muss man nach einem Schnelltest erneut auf das Ergebnis im Innenraum warten. Ich durfte Gott sei Dank links herum und raus aus dem Gesundheitsamt, in dem ich nur gewartet habe. (90min)

Ich habe Fragen!

  • Warum kann der PCR-Test aufgrund roter Corona-Warn-App nicht in allen Testzentren abgenommen werden?
  • Warum wird man auf der Webseite nicht darauf hingewiesen, dass man im Vorhinein schonmal seine Daten eingeben kann? Das Formular, das verwendet wird, ist sogar online. Doch die Überschrift passt nicht! Somit weiß man gar nicht, was man ausfüllen und mitbringen soll.
  • Warum gibt es kein Formular, das die Fragen stellt, die mir mündlich gestellt wurden, das ich schon Zuhause ausfüllen kann.
  • Warum kann man keine Termine für PCR-Tests machen, aber für Schnelltests schon?
  • Warum wird man in zwei Reihen einsortiert, die alle durch den gleichen Gang zum Schalter müssen? Das hat vermutlich den Grund, weil der Warteraum für Schnelltests irgendwann zu voll ist? Könnt ihr das Ergebnis des Schnelltests nicht digital übermitteln?
  • Warum werden meine Daten doppelt erfasst? Die Antwort: Fürs Labor und fürs Gesundheitsamt. Fürs Gesundheitsamt aber eben auf einem nicht geeigneten Formular mit kryptischen Zeichen drauf.
  • Warum benötigte ich keinerlei Ausweisdokument? (ich hätte Fantasiedaten angeben können)
  • Warum wird die QR-Code zur Datenerfassung im Labor auf Kniehöhe aufgehangen, sodass ihn keiner sieht? Kein Wunder, dass die Datenerfassung so lange dauert.
  • Warum können Mensch keinen Abstand halten und keine Maske richtig tragen und was muss ich tun, wenn ich heute eine Risikobegegnung habe? Ich will da nicht nochmal hin, nie mehr!

Wenn ich recht darüber nachdenke, kann ich mir einfach nicht erklären, was dort so lange gedauert hat.

Fazit: Menschen mit viel Zeit oder Arbeitszeit können die Teststellen der Stadt aufsuchen. Ich bin damit durch.