Liebe Leser,
der Bundesrat hat letzte Woche die „Bundesnotbremse“ passieren lassen – ihm blieb auch keine andere Wahl. Somit begann in vielen Landkreisen schon am Samstag um 0.00 Uhr eine Ausgangsbeschränkung zwischen 22.00 und 5.00 Uhr. Doch die Länder und Kreise dürfen davon abweisen und die Regeln weiter anziehen. Gewisse Kreise in NRW hatten schon eine Woche zuvor die Notbremse gezogen und eine restriktivere Ausgangsbeschränkung ab 21.00 Uhr erlassen. Einen Überblick über das Ausgangs-Wirrwarr…
Ausgangsbeschränkung für ganz Deutschland
Seit Samstag gilt die Bundesnotbremse in Deutschland. Angela Merkel hat Wort gehalten und nach ihrem Interview mit Anne Will bundeseinheitliche Regeln für alle Bundesländer und Kreise verabschiedet. Die Eckpunkte:
- Die Bundesnotbremse sieht vor, dass ab Inzidenz 100 eine Ausgangssperre ab dem übernächsten Tag ab 22.00 Uhr gilt. Einzig alleinige Spaziergänge und alleinige Sporttreibende dürfen sich bis 24.00 Uhr draußen aufhalten. (bekannte Ausnahmen aus driftigem Grund gelten weiter)
- Schulen müssen ab Inzidenz 165 schließen und in den Distanzunterricht gehen.
- Das Einkaufen mit einem negativem Corona-Schnelltest, auch Click & Meet genannt, darf nur unterhalb von Inzidenz 150 angeboten werden.
Das Gesetz schreibt auch eine HomeOffice-Pflicht für Arbeitnehmer vor, die bislang freiwillig ins Büro gegangen sind. Wer aber viele Zeitungsartikel hierzu quer liest, stellt fest, dass Hintertüren offen geblieben sind. Diejenigen, die (ggf. an gewissen Tagen) feststellen, dass sie nicht Zuhause arbeiten können, dürfen nach wie vor ins Büro. Neu ist, dass Arbeitgeber mindestens zwei Tests pro Woche für ihre Mitarbeiter anbieten müssen. Prädikat #halbgar.
Ein Blick hinter die Kulissen der Ausgangssperre in den Kölner Brennpunktvierteln offenbart, wie Menschen am Existenzminimum jetzt mit der Situation umgehen.
Impfkussion
nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz sollte es keine Neue geben – zumindest im herkömmlichen Sinne. Der Schock der Osterruhe saß tief. Gestern trafen sich die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin erneut zum groß angekündigten nationalen Impfgipfel #Gimpfel. Es sollte ein Termin der Lockerungen für Geimpfte, Impfprioritäten und Verfahren werden. Zahlreiche Politiker versprachen nicht nur der Wirtschaft, sondern auch uns Bürgern viel im Voraus. Es sollte die gleichen Rechte für Geimpfte, Getestete und Genesene geben und die Impfprioritäten zügig aufgehoben werden.
Ergebnisse
Die Ergebnisse des Gimpfels sind allemal überschaubar. Man rechne damit, dass man die Prioritätengruppe 3 im Mai impfen werden und dann die Impfung im Juni für alle öffnen könne. Auf gewählte Daten hat man anscheinend bewusst verzichtet. Schon jetzt entscheiden zahlreiche Hausärzte nach eigenem Ermessen und eigener Risikoeinschätzung, wen sie impfen und wen (noch) nicht – und riskieren damit jede Menge Ärger. In zahlreichen Kommunen werden Freiwillige für den Impfstoff von AstraZeneca gesucht (egal welchen Alters), um den restlichen Impfstoff unter die Menschen zu bringen. #Ladenhüter Es ist allerdings fast anzunehmen, dass uns der Impfstoff nicht mehr lange beschäftigen wird, denn die EU hat die Option der Nachbestellung nicht gezogen – sie hat ja auch im ersten Halbjahr viel zu wenig Impfstoff als versprochen erhalten, was jetzt die Gerichte beschäftigt.
In der Grenzregion Passau, in dem die Infektionszahlen wegen der Nähe zu Tschechien, Anfang des Jahres sehr hoch waren, beginnen heute die Impfungen für alle – ja ihr habt richtig gehört, denn Passau verfügt über ein Sonderkontingent. Hier und da entscheiden die Kommunen schon, an Brennpunkten schonmal anzufangen zu impfen – fernab der Impfpriorisierung. Es macht einfach jeder, was er will und für richtig hält.
Ebenso keine Information gab es, wann denn endlich Impfärzte in Unternehmen damit anfangen können, die gesamte Belegschaft durchzuimpfen. Die Unternehmen stünden in den Startlöchern und hätten Impfstraßen in den Betrieben gebaut, sehen den gestrigen Termin aber nur als „Phrasengipfel, an dem nichts entschieden wurde“.
Alleingänge
Einen Tag nach dem Gipfel gab MdL Söder für Bayern bekannt, Geimpfte künftig Negativ Getesteten gleichzustellen. Bayern kommt somit dem Bund wieder einmal zuvor. Reiner Populismus. #ohnetestzumfriseur
Bremen schärft in einem Alleingang die Testpflicht in Unternehmen nach. Der Senat verständigte sich darauf, dass Arbeitnehmer das Testangebot des Arbeitgebers auch annehmen müssen (ab 10. Mai). Die Wirtschaft empört sich, die HomeOffice-Arbeitnehmer zucken mit den Schultern.
Impffortschritt=Lockerungsdruck
Während wir uns noch über Impfpriorisierungen streiten, wird in anderen Ländern einfach und unbürokratisch an Tankstellen, am Strand oder in der Bar geimpft. Die Lieferungen an Impfstoffen werden von Woche zu Woche größer, sodass wir hoffen können, dass die Priorisierung doch schneller als angekündigt aufgehoben werden kann, damit die Phase des Impfneids nicht allzu lange dauert.
Viele Menschen sind gefrustet, dass ihnen der Impfstoff vorenthalten wird – kein Wunder, denn wir haben eine Erst-Impf-Quote von fast 25%. Über die Vorteile für Geimpfte will die Bundesregierung im Laufe der ersten Maiwoche beraten, der Bundesrat stimmt am 28.5. darüber ab – wie lange noch?
Ausland
- In den Niederlanden endet am Mittwoch der Lockdown und schon wird an die Menschen appelliert, übers Wochenende nicht nach Holland zu fahren. Die Bundesregierung stuft Holland immer noch als Hochinzidenzgebiet ein – aber werden die Quarantänemaßnahmen kontrolliert?
- Währenddessen wütet in Indien das Virus weiter. 40% der weltweiten Infektionen werden derzeit aus Indien gemeldet und das sind stets mittlere sechsstellige Zahlen. Die Dunkelziffer sollte weitaus höher ausfallen, denn die Krankenhäuser sind weit über der Belastungsgrenze. Menschen stranden in den Autos vor den Gebäuden und werden im Auto versorgt. Grund für den rasanten Anstieg sind genehmigte Großereignisse im Wahlkampf und religiöser Art, sowie eine Doppelmutation des Virus. Wir lernen eine neue Mutation, die B1.617 kennen, die wohl ansteckender ist und über die wir noch nicht viel wissen. Außer der Information, dass sie schon in Belgien und auch Deutschland nachgewiesen ist.
- Die Türkei geht ab Donnerstag in einen harten Lockdown. Die Kontrollen der nächtlichen Ausgangssperre soll ausgedehnt (=aufgebaut!) werden. Doch die Ausgangssperre gilt nicht für Touristen. Endlich mal ein leeres Istanbul! Wie soll das denn funktionieren?
Noch mehr Schwurbler…
Letzte Woche sorgte eine Video-Aktion #allesdichtmachen der Schauspielerszene, unter anderem Jan Josef Liefers für Aufsehen. Die Protagonisten haben mit sarkastischen und zynischen Mitteln gegen Corona-Maßnahmen polemisiert, was hierzulande leider niemand verstand – außer die Querdenkerszene, die sich bestärkt fühlte. Daraufhin verschwanden die Videos ganz schnell und Jan Josef Liefers erntete einen Shitstorm, der nun zum Boykott des Schauspielers aufruft.
Endlich!
Ich wünsche eine gelassene letzte Aprilwoche!
Euer pedaa