Liebe Leser,
was haben wir uns darüber aufgeregt, dass wir Deutschen nicht endlich mal Tempo auf die Impfstraße bringen? Das Impfen bei den Hausärzten solle erst Mitte April starten, obwohl diese Ärzte bereitstehen, um die Älteren, die es besonders weit zum Impfzentrum haben, zu impfen. Wenn man genauer hinschaut, hakt es auch immer noch in der Verwaltung. Einige 80-Jährige aus BW warten immer noch auf den Impf-Brief, ohne den sich nicht starten können. Wir können uns aber Zeit lassen, weil wir einfach nicht genug Impfstoff haben. Und jetzt ist auch noch die Impfung des in Verruf geratenen Impfstoffs AstraZeneca aus UK in vielen europäischen Ländern ausgesetzt.
Jetzt mal der Reihe nach:
AstraZeneca-Drama
Es ist noch nicht einmal drei Wochen her, dass der Impfstoff nur an Unter-65-Jährige verimpft werden durfte (damit stand Deutschland alleine da). Anschließend verkündete Jens Spahn endlich, dass man sich aufgrund guter Studienergebnisse aus UK dazu entschieden hätte, den Impfstoff für alle Erwachsenen zu empfehlen. Die vergleichsweise geringe Wirksamkeit des Impfstoffs führte allerdings dazu, dass zahlreiche Impftermine unter den Impflingen platzten. Somit konnte man ankündigen, dass man die Erzieher und Lehrer nun vorziehen könne. Plötzlich waren die Impfzentren wieder (mäßig) voll.
Und nun knickte Deutschland zusammen mit den Niederlanden (und nach weiteren eropäischen Ländern) ein und stoppte die Impfung mit dem AZ-Impfstoff mit sofortiger Wirkung. Grund dafür waren 7 (14 europaweit) bestätigte Blutgerinsel (Alter 24-59) im Zusammenhang zu 1,6 Millionen AstraZeneca-Impfungen. Wir veranschaulichen:
Ist der Ruf jetzt ruiniert?
Richtig ist, dass man die Fälle genauer untersuchen müsse. Schließlich ist die Impfstoffherstellung schwierig und es können durchaus Nebenwirkungen auftreten. Da wir ja jetzt Zeit haben, könnten wir uns ja mal mit den Nebenwirkungen anderer Impfstoffe auseinandersetzen… Eine Untersuchung während die Impfungen weiterlaufen wäre sicherlich in Anbetracht der Lage und den Menschen, die ungeachtet der Nebenwirkungen auf den Impfstoff warten, weil sie besonders gefährdet sind, die bessere Alternative gewesen. Das Vertrauen in den Impfstoff bleibt geschwächt und wir wissen nicht, wie lange die Untersuchung dauern wird. Wenn wir davon ausgehen, dass der Impfstoff zurückkommt, gilt dennoch:
Besser ein (zugelassener) Impfstoff von AstraZeneca als gar kein Impfstoff.
Fest steht jedoch, dass weitere Thrombosen das Vertrauen in den Impfstoff komplett beschädigt hätte. Deswegen kann man zu dem Schluss kommen, dass die Entscheidung von Jens Spahn richtig war. Sobald ein Paul-Ehrlich-Institut vor einem Impfstoff warnt, muss man sich eine Entscheidung hierzu genau überlegen. Und nicht zuletzt:
Impfung braucht Vertrauen
Ranga Yogeshwar bei hartaberfair (ARD)
Impfstoff-Lieferung
Zuletzt hatte letzte Woche AstraZeneca verkündet, man würde von den 220 Millionen Dosen im ersten Halbjahr aufgrund von Lieferproblemen nur insgesamt 100 Millionen Dosen liefern. Wenn die Prüfung des Impfstoffs länger dauert, dann sind die Lieferverzögerungen halb so schlimm. Ein Blick aufs Impfstoff-Dashboard zeigt, dass es derzeit um 350.000 Impfungen pro Woche mit AstraZeneca geht, die wir jetzt aktuell nicht machen können.
Die restlichen Impfungen laufen dennoch ungehindert weiter. Es ist aber deutlich zu erkennen, dass wir am Wochenende weniger impfen als unter der Woche. Dem Vorwurf, es würden zu viele Impfstoffe ungenutzt rumliegen kann man eher nicht bestätigen. Wir haben Vorräte für genau eine Woche im Voraus liegen. Man kann sich die Diskussion über die Impfstoffgeschwindigkeit eigentlich sparen, wenn man feststellt, dass man nicht mehr Impfstoff besitzt. Das Hinzuziehen der Hausärzte macht (leider) erst dann Sinn, wenn die Impfzentren an der Kapazitätsgrenze angekommen sind.
Zahlen bitte!
Zunehmend nervös schauen wir auf die aktuellen Infektionszahlen, die sich auf dem Vormarsch befinden. Das RKI prognostiziert einen Anstieg zu Ostern auf eine Landesinzidenz von 350, wenn wir die Welle nicht gebremst kriegen – was allerdings nicht so aussieht. In NRW öffneten gestern landesweit die Schulen im Präsenzwechselunterricht, obwohl die Inzidenz unter den Jüngeren seit einer Woche stark ansteigt und gerade auf dem Niveau der 90-Jährigen am Anfang der ersten Welle ist. An dieser Stelle exemplarisch für Köln:
Ausland
- Nachdem das RKI die Reisewarnung (aufgrund niedriger Inzidenzzahlen von unter 25) für die bei den Deutschen beliebte Urlaubsinsel Mallorca aufgehoben hat, schießen die Buchungszahlen für die Osterferien durch die Decke. Hiesige Ferienhausbetreiber gucken in die Röhre. Die Lufthansa reagierte und plante 300 zusätzliche Flüge zur Osterzeit.
- In Brasilien scheint man(n) es immer noch nicht kapiert zu haben, dass die Corona-Lage mit mehr als 2000 Toten pro Tag sehr dramatisch ist.
Das wars, ich geh jetzt was essen.
Oh, ich muss noch Geld holen!
Eine gute Woche euch, lasst euch von Corona nicht schnappen. Den nächsten Blog könnte es etwas verzögert geben.
Euer pedaa