#Antilagerkoller 135 – Impfneid

Liebe Leser,

nachdem nun 1/3 von Deutschland mindestens erstgeimpft ist, verspüren 2/3 der Bevölkerung vor allem eins: Impfneid. Gut, ganz so stimmt das nicht, denn die Impfbereitschaft liegt lange nicht bei 100%, aber sie ist dennoch hoch (~85%). Und nicht alle haben Impfneid. Einige können gut damit leben, dass sie später dran kommen, wären da nicht die Diskussionen darum, was Geimpfte jetzt alles dürfen…

Was dürfen Geimpfte und Genesene?

Wer ist überhaupt genesen?

Als Genesen gilt man, falls man einen positiven PCR-Test, der nicht älter als 6 Monate ist, nachweisen kann. Auch Antikörper-Tests sind wohl möglich. Ist die Erkrankung länger als 6 Monate her, benötigt man mindestens eine Erstimpfung, um seine Grundrechte wiederzuerlangen.

Wer darf seit wann was?

Der Bundestag und Bundesrat hat letzte Woche die Lockerungen für Genesene und vollständig Geimpfte (nach 14 Tagen nach Zweitimpfung) auf den Weg gebracht:

  • Im Alltag benötigen sie keine Tests mehr und sind von der Quarantänepflicht befreit. Sonderfälle gelten, wenn sie aus einem Virusmutantengebiet einreisen.
  • Sie müssen sich an die geltenden Kontaktbeschränkungen nicht halten und werden nicht mitgezählt.
  • Ausgangsbeschränkungen gelten nicht mehr.

Seit Sonntag, 09.05.21, sind die neuen Regeln in Kraft.

Urlaubsregeln

Bezüglich Urlaub in Deutschland gelten nach wie vor die lokalen Beschränkungen. Wer verreisen möchte, muss sich mit den örtlichen Beschränkungen auseinandersetzen. In Schleswig-Holstein gibt es zahlreiche Modellregionen, in denen die Gastronomie, Hotels und Ferienwohnungen geöffnet sind. Nicht-Geimpfte müssen sich hier alle zwei Tage einem Schnelltest unterziehen und mit einem negativen Schnelltest anreisen (Beispiel Sylt).

Teilweise gilt die Pflicht zur Nutzung der Apps („Corona-Warn-App“ in Sachsen oder „Luca-App“ auf Sylt), wenn man ins Restaurant oder Ähnliches möchte. Über die örtlichen Regelungen, muss man sich leider selbst informieren.

Oder man bleibt zuhause…


Impfpriorisierung

Inzwischen sind wir fast bundesweit bei Gruppe 3 angekommen. Somit können 60-Jährige und speziell gefährdete Berufsgruppen bald geimpft werden. Viele jüngere Leute ohne Priorisierung warten händeringend bis die Priorisierung aufgehoben wird, da die Lockerungsdiskussion für alle, die schon Geimpft sind, in vollem Gange ist. Es entbrennt großer Streit, was man lockern sollte und was nicht. Jede Impfung ist eine gute Impfung, doch der Neid wächst.

Darüber hinaus werden jetzt immer mehr Betrugsfälle bekannt: So werden bei der Registrierung im Impfzentrum bewusst falsche Daten zum Alter eingegeben.

Hausärzte impfen mit und haben ihre eigene Liste

Schaut man auf die Zahlen, haben die Hausärzte einen sehr großen Anteil an der Impfkampagne. Unter der Woche erreichen wir über 1.000.000 Impfungen pro Tag, während es am Wochenende eher 20-30% sind. (www.impfdashboard.de)

Wenn man etwas genauer hinsieht, dann erkennt man, dass es viele Schlupflöcher gibt, um an eine Impfung zu kommen. Derjenige, der sich mit seinem Hausarzt gut gestellt hat, kommt schneller an eine Impfung als derjenige, der keinen an der Impfkampagne teilnehmenden Hausarzt hat. Mitunter bleibt bei den Hausärzten viel zu viel AstraZeneca-Impfstoff liegen, weil die Über-60-Jährigen lieber zum BioNTech-Impfstoff greifen.

Wer auf vielen Listen bei zahlreichen Hausärzten steht, kann außerdem das nötige Glück haben, um an eine Impfung zu kommen. Denn die Ärzte gehen nach ihrer eigenen Liste vor und haken die Altersgruppen schneller ab als bei Bund und Ländern.

Freigabe von AstraZeneca

Um dem Druck Herr zu werden entschied das Bundesgesundheitsministerium letzte Woche die Priorisierung für den Impfstoff von AstraZeneca aufzuheben, was eine riesengroße Telefonwelle bei den Hausärzten auslöste. Vor allem viele jungen Menschen, für die der Impfstoff gar nicht empfohlen wird, meldeten sich bei den Ärzten, weil die Ungeduld gesiegt hat – verständlich.

Hinzu kommen zahlreiche Impfaktionen nach der Freigabe:

  • In Köln wurden am Wochenende 1400 Dosen AstraZeneca-Impfstoff in der Moschee verimpft. Eigentlich wollte man die Menschen erreichen, die nicht den Weg ins Impfzentrum suchen, doch man erreichte 4000 impfbereite Kölner, die aus allen Stadtteilen anreisten.
  • In Freiburg kam es zu großen Menschenansammlungen vor dem Impfzentrum, einen Tag nach der Freigabe von AstraZeneca

Doch hat man den Impfstoff bekommen, der nach den ersten 14 Tagen schon über 70% Schutz bietet, so muss man insgesamt 12 Wochen auf die Zweiimpfung warten, während es bei BioNTech nur 6 Wochen sind. Das Bundesgesundheitsministerium stellt nun eine Verkürzung der Wartezeit bei AstraZeneca in Aussicht, um den Impfstoff noch beliebter zu machen. Doch die Schutzwirkung sinkt rapide, wenn man den Abstand verkürzt. Ein Teufelskreis für Impfwillige.

Lieferungen aus nordischen Ländern

Am Wochenende wurde bekannt, dass die EU keinen weiteren Impfstoff bei AstraZeneca bestellen möchte. Für die noch zu liefernden Dosen hat das Unternehmen mehr Zeit bekommen. Die nordischen Länder (Dänemark, Norwegen etc.) verzichten komplett auf den umstrittenen Impfstoff von AZ und liefern ihre Restdosen jetzt an Nachbarländer. Auch Schleswig-Holstein hat schon Lieferungen aus Dänemark empfangen.


War noch was?

Ach ja! Positives kommt diesmal ausnahmsweise mal aus der Datenschutz-Ecke: Die Bremer Datenschutzbeauftragte hat das Fax für unsicher (zu unsicher für personenbezogene Daten) erklärt.

Lassen wir die Korken knallen!

Auf, auf ins digitale Zeitalter! Over an out, kommt gut durch diese Woche und bekommt bald an euren lang ersehnten Impftermin!

cya pedaa